Schlecht leben die Geliebten und in Gefahr. Ach, daß sie sich
überstünden und Liebende würden. Um die Liebenden ist
lauter Sicherheit. Niemand verdächtigt sie mehr,
und sie selbst sind nicht imstande, sich zu verraten. In ihnen ist das
Geheimnis heil geworden, sie schreien es im Ganzen aus wie
Nachtigallen, es hat keine Teile. Sie klagen um einen; aber die ganze
Natur stimmt in sie ein: es ist die Klage um einen Ewigen. Sie
stürzen sich dem Verlorenen nach, aber schon mit den ersten
Schritten überholen sie ihn, und vor ihnen ist nur noch
Gott. Ihre Legende ist die der Byblis, die den Kaunos verfolgt bis
nach Lykien hin. Ihres Herzens Andrang jagte sie durch die
Länder auf seiner Spur, und schließlich war sie am Ende der
Kraft; aber so stark war ihres Wesens Bewegtheit, daß sie,
hinsinkend, jenseits vom Tod als Quelle wiedererschien, eilend, als
eilende Quelle.
Was ist anderes der Portugiesin geschehen: als daß sie innen zur
Quelle ward? Was dir, Heloïse? was euch, Liebenden, deren Klagen
auf uns gekommen sind: Gaspara Stampa; Gräfin von Die und Clara
d'Anduze; Louise Labbé, Marceline Desbordes, Elisa
Mercæur? Aber du, arme flüchtige Aïssé, du
zögertest schon und gabst nach. Müde Julie
Lespinasse. Trostlose Sage des glücklichen Parks: Marie-Anne de
Clermont.
Ich weiß noch genau, einmal, vorzeiten, zuhaus, fand ich ein
Schmucketui; es war zwei Hände groß, fächerförmig
mit einem eingepreßten Blumenrand im dunkelgrünen
Saffian. Ich schlug es auf: es war leer. Das kann ich nun sagen nach
so langer Zeit. Aber damals, da ich es geöffnet hatte, sah ich nur,
woraus diese Leere bestand: aus Samt, aus einem kleinen Hügel
lichten, nicht mehr frischen Samtes; aus der Schmuckrille, die, um
eine Spur Wehmut heller, leer, darin verlief. Einen Augenblick war das
auszuhalten. Aber vor denen, die als Geliebte zurückbleiben, ist
es vielleicht immer so.
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