Das Versprechen erfüllt sich noch immer, irgendwann ist dasselbe
Buch unter meine Bücher geraten, unter die paar Bücher, von
denen ich mich nicht trenne. Nun schlägt es sich auch mir an den
Stellen auf, die ich gerade meine, und wenn ich sie lese, so bleibt es
unentschieden, ob ich an Bettine denke oder an Abelone. Nein, Bettine
ist wirklicher in mir geworden, Abelone, die ich gekannt habe, war wie
eine Vorbereitung auf sie, und nun ist sie mir in Bettine aufgegangen
wie in ihrem eigenen, unwillkürlichen Wesen. Denn diese
wunderliche Bettine hat mit allen ihren Briefen Raum gegeben,
geräumigste Gestalt. Sie hat von Anfang an sich im Ganzen so
ausgebreitet, als wär sie nach ihrem Tod. Überall hat sie
sich ganz weit ins Sein hineingelegt, zugehörig dazu, und was
ihr geschah, das war ewig in der Natur; dort erkannte sie sich und
löste sich beinah
schmerzhaft heraus; erriet sich mühsam zurück wie aus
Überlieferungen, beschwor sich wie einen Geist und hielt sich
aus.
Eben warst du noch, Bettine; ich seh dich ein. Ist nicht die
Erde noch warm von dir, und die Vögel lassen noch Raum für
deine Stimme. Der Tau ist ein anderer, aber die Sterne sind noch die
Sterne deiner Nächte. Oder ist nicht die Welt überhaupt von
dir? denn wie oft hast du sie in Brand gesteckt mit deiner Liebe und
hast sie lodern sehen und aufbrennen und hast sie heimlich durch eine
andere ersetzt, wenn alle schliefen. Du fühltest dich so recht im
Einklang mit Gott, wenn du jeden Morgen eine neue Erde von ihm
verlangtest, damit doch alle drankämen, die er gemacht hatte. Es
kam dir armsälig vor, sie zu schonen und auszubessern, du
verbrauchtest sie und hieltest die Hände hin um immer noch
Welt. Denn deine Liebe war allem gewachsen.
Wie ist es möglich, daß nicht noch alle erzählen von
deiner Liebe? Was ist denn seither geschehen, was merkwürdiger
war? Was beschäftigt sie denn? Du selber wußtest um deiner
Liebe Wert, du sagtest sie laut deinem größesten Dichter
vor, daß er sie menschlich mache; denn sie war noch Element. Er
aber hat sie den Leuten ausgeredet, da er dir schrieb. Alle haben
diese Antworten gelesen und glauben ihnen mehr, weil der Dichter
ihnen deutlicher ist als die Natur. Aber vielleicht wird es sich
einmal zeigen, daß hier die Grenze seiner Größe
war. Diese Liebende ward ihm auferlegt, und er hat sie nicht
bestanden. Was heißt es, daß er nicht hat erwidern
können? Solche Liebe bedarf keiner Erwiderung, sie hat Lockruf
und Antwort in sich; sie erhört sich selbst. Aber demütigen
hätte er sich müssen vor ihr in seinem ganzen Staat und
schreiben was sie diktiert, mit beiden Händen, wie Johannes auf
Patmos, knieend. Es gab keine Wahl dieser Stimme gegenüber, die
»das Amt der Engel verrichtete«; die gekommen war, ihn
einzuhüllen und zu entziehen ins Ewige hinein. Da war der
Wagen seiner feurigen Himmelfahrt. Da war seinem Tod der dunkle Mythos
bereitet, den er leer ließ.
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