Da saß ich an deinen Büchern, Eigensinniger, und versuchte
sie zu meinen wie die andern, die dich nicht beisammen lassen und sich
ihren Anteil genommen haben, befriedigt. Denn da begriff ich noch
nicht den Ruhm, diesen öffentlichen Abbruch eines Werdenden, in
dessen Bauplatz die Menge einbricht, ihm die Steine verschiebend.
Junger Mensch irgendwo, in dem etwas aufsteigt, was ihn erschauern
macht, nütz es, daß dich keiner kennt. Und wenn sie dir
widersprechen, die dich für nichts nehmen, und wenn sie dich ganz
aufgeben, die, mit denen du umgehst, und wenn sie dich ausrotten
wollen, um deiner lieben Gedanken willen, was ist diese deutliche
Gefahr, die dich zusammenhält in dir, gegen die listige
Feindschaft später des Ruhms, die dich unschädlich macht,
indem sie dich ausstreut.
Bitte keinen, daß er von dir spräche, nicht einmal
verächtlich. Und wenn die Zeit geht und du merkst, wie dein Name
herumkommt unter den Leuten, nimm ihn nicht ernster als alles, was du
in ihrem Munde findest. Denk: er ist schlecht geworden, und tu ihn
ab. Nimm einen andern an, irgendeinen, damit Gott dich rufen kann in
der Nacht. Und verbirg ihn vor allen.
Du Einsamster, Abseitiger, wie haben sie dich eingeholt auf deinem
Ruhm. Wie lang ist es her, da waren sie wider dich von Grund aus, und
jetzt gehen sie mit dir um, wie mit ihresgleichen. Und deine Worte
führen sie mit sich in den Käfigen ihres Dünkels und
zeigen sie auf den Plätzen und reizen sie ein wenig von ihrer
Sicherheit aus. Alle deine schrecklichen Raubtiere.
Da las ich dich erst, da sie mir ausbrachen und mich anfielen in
meiner Wüste, die Verzweifelten. Verzweifelt, wie du selber warst
am Schluß, du, dessen Bahn falsch eingezeichnet steht in allen
Karten. Wie ein Sprung geht sie durch die Himmel, diese hoffnungslose
Hyperbel deines Weges, die sich nur einmal heranbiegt an uns und sich
entfernt voll Entsetzen. Was lag dir daran, ob eine Frau bleibt oder
fortgeht und ob einen der Schwindel ergreift und einen der Wahnsinn
und ob Tote lebendig sind und Lebendige scheintot: was lag dir daran?
Dies alles war so natürlich für dich; da gingst du durch,
wie man durch einen Vorraum geht, und hieltst dich nicht auf. Aber
dort weiltest du und warst gebückt, wo unser Geschehen kocht und
sich niederschlägt und die Farbe verändert, innen. Innerer
als dort, wo je einer war; eine Tür war dir aufgesprungen, und
nun warst du bei den Kolben im Feuerschein. Dort, wohin du nie einen
mitnahmst, Mißtrauischer, dort saßest du und
unterschiedest Übergänge. Und dort, weil das Aufzeigen dir
im Blute war und nicht das Bilden oder das Sagen, dort faßtest
du den ungeheuren Entschluß, dieses Winzige, das du selber
zuerst nur durch Gläser gewahrtest, ganz allein
gleich so zu vergrößern, daß es vor Tausenden sei,
riesig, vor allen. Dein Theater entstand. Du konntest nicht warten,
daß dieses fast raumlose von den Jahrhunderten zu Tropfen
zusammengepreßte Leben von den anderen Künsten gefunden
und allmählich versichtbart werde für ein zelne, die sich
nach und nach zusammenfinden zur Einsicht und die endlich verlangen,
gemeinsam die erlauchten Gerüchte bestätigt zu sehen im
Gleichnis der vor ihnen aufgeschlagenen Szene. Dies konntest du nicht
abwarten, du warst da, du mußtest das kaum Meßbare: ein
Gefühl, das um einen halben Grad stieg, den Ausschlagswinkel
eines von fast nichts beschwerten Willens, den du ablasest von ganz
nah, die leichte Trübung in einem Tropfen Sehnsucht und dieses
Nichts von Farbenwechsel in einem Atom von Zutrauen: dieses
mußtest du feststellen und aufbehalten; denn in solchen
Vorgängen war jetzt das Leben, unser Leben, das in uns
hineingeglitten war, das sich nach innen zurückgezogen hatte, so
tief, daß es kaum noch Vermutungen darüber gab.
So wie du warst, auf das Zeigen angelegt, ein zeitlos tragischer
Dichter, mußtest du dieses Kapillare mit einem Schlag umsetzen
in die überzeugendsten Gebärden, in die vorhandensten
Dinge. Da gingst du an die beispiellose Gewalttat deines Werkes, das
immer ungeduldiger, immer verzweifelter unter dem Sichtbaren nach den
Äquivalenten suchte für das innen Gesehene. Da war ein
Kaninchen, ein Bodenraum, ein Saal, in dem einer auf und nieder geht:
da war ein Glasklirren im Nebenzimmer, ein Brand vor den Fenstern, da
war die Sonne. Da war eine Kirche und ein Felsental, das einer Kirche
glich. Aber das reichte nicht aus; schließlich mußten die
Türme herein und die ganzen Gebirge; und die Lawinen, die die
Landschaften begraben, verschütteten die mit Greifbarem
überladene Bühne um des Unfaßlichen willen. Da konntst
du nicht mehr. Die beiden Enden, die du zusammengebogen hattest,
schnellten aus einander; deine wahnsinnige Kraft entsprang aus dem
elastischen Stab, und dein Werk war wie nicht.
Wer begriffe es sonst, daß du zum Schluß nicht vom Fenster
fortwolltest, eigensinnig wie du immer warst. Die Vorübergehenden
wolltest du sehen; denn es war dir der Gedanke gekommen, ob man nicht
eines Tages etwas machen könnte aus ihnen, wenn man sich
entschlösse anzufangen.
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